Spiegel

Rose

 

Ich sah in den Spiegel und ich sah mein Gesicht,
ich sah was auch Du siehst, doch sah ich mich nicht.
Ich sah meine Augen und ich sah auch mein Haar,
ich sah was ich nun bin, und das Kind das ich war.
Ich sah meine Wangen und ich sah meinen Mund,
das Lächeln so seltsam und nichts tat er kund.

Ich sah in den Spiegel und ich sah mein Gesicht,
Ich fragte: “Wer bist Du? Ich kenne Dich nicht....“
Und sieh aus dem Spiegel, da blickt es mich an:
Erst schelmisch und neckend, ganz sanft war es dann.
„Du fragst mich: “Wer bist du?“ Erkennst Du mich nicht?
Wer ist diese Stimme, die nun zu Dir spricht?

Sieh meine Augen, sieh ganz tief hinein hinein!
Ich bin das “Vielleicht“, das „Was-könnte-sein“.
Ich bin nur ein Trugbild, nicht dass, was du bist.
Ich zeig nur den Schein, und nicht das, was ist.
Und doch bin ich mehr, viel mehr als man sieht:
Ich zeige das Jetzt und was bald geschieht.

Sieh in den Spiegel, sieh ganz tief hinein!
Sieh Wahrheit und Lüge, das Sein und den Schein.
Und sieh meinen Mund, der nun zu Dir spricht,
und dort den Schatten..... Siehst Du ihn nicht?“
Und ich sah in den Spiegel und ich sah mein Gesicht.
Ich dachte, ich träume, dass er zu mir spricht.

Und ich sah auch den Schatten, der hinter mir stand,
und siehe der Schatten hob langsam die Hand.
Und ich sah in den Spiegel und fragte mich still,
was denn mein Schatten dort hinter mir will.
Da wusst‘ ich ich träume, denn wie kann es sein?
Spiegel und Schatten sind beide nur Schein.

Und ich sah in den Spiegel, und siehe: im Nu,
drückt dort mein Schatten die Kehle mir zu.
Ich sah dort verwundert das geqäulte Gesicht
Ich sah mich dort sterben und verstand es doch nicht.
Ich wollt‘ mich noch warnen, wollt‘ rufen und schrein...
Doch zu spät war es nun, es endet das Sein.

Und ich sah auf zum Spiegel, mein Atem vergeht.
Und ich seh nur den Schatten, der dort vor mir steht.
Alles wird dunkel, der Spiegel zerbricht.....
Ich fühle, ich sterbe.... doch verstehe ich nicht......